Klar ist, dass jemand der nachher mehr Geld (in Euro gezählt) hat als vorher, in der Logik einer Einkommensbesteuerung einen Teil davon an den Staat abzugeben hat. Ob er diesen Gewinn direkt in Euro realisiert, oder sich davon etwas schönes leistet, was aber einen deutlich höheren Euro-Wert hat, als er ursprünglich für die ausgegeben Bitcoins investiert hat, ist dabei irrelevant. Der Einfachheit halber beschränke ich mich in diesem Artikel auf den Verkauf gegen Euro. Wer Bitcoin für oder gegen Wertgegenstände kauft oder verkauft muss dann immer den im Moment des Geschäfts gültigen Kaufpreis ansetzen.
In Deutschland ist es so, dass Bitcoins als Wirtschaftsgut und die Gewinne, die man gemacht hat, als “Erlöse aus privaten Veräußerungsgeschäften” betrachtet werden. Wenn man den veräußerten Wertgegenstand länger als ein Jahr besessen hat, dann sind solche Gewinne grundsätzlich steuerfrei. Ich möchte die Regeln in Deutschland anhand von ein paar Beispiel verdeutlichen und aufzeigen, wieso jeder so viele Börsen wie möglich benutzen sollte (solange er diese für sicher hält).
Beispiel 1: Einfach steuerfrei
Sabine kauft sich im Januar 2013 zehn Bitcoins für insgesamt 100 Euro und verkauft diese im März 2014 für 4.500 Euro an einer Börse. Sie hat also in einem guten Jahr etwa 4400 Euro Gewinn gemacht. Sehr zu ihrer Freude ist dieser komplette Gewinn steuerfrei, weil sie die Bitcoins ja mehr als ein Jahr besessen hat.
Beispiel 2: Einfach besteuert
Karl kauft sich im Juli 2013 zehn Bitcoins für insgesamt 800 Euro und verkauft diese im März 2014 für 4.500 Euro an einer Börse. Er hat zunächst einmal 3.700 Euro Gewinn gemacht. Dies ist ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften im Steuerjahr 2014. Da Karls Gewinne oberhalb der Freigrenze von 600 Euro im Jahr für diese Art von Einkünften liegen, muss er den Betrag voll versteuern: Der Betrag wird am Ende des Jahres seinem Einkommen hinzugerechnet und die Gesamtsumme entsprechend versteuert. Verdient Karl in seinem Job also wenig Geld, zahlt er auf diesen Gewinn auch weniger Steuern, als jemand der ansonsten viel Geld verdient. Sollte Karl aber von den 4.500 Euro erneut Bitcoins kaufen und diese zu einem Preis von insgesamt 2.000 Euro vor Ende des Jahres verkaufen, dann kann er von seinen 3.700 Euro Gewinn wieder 2.500 Euro Verlust abziehen und muss nur 1.200 Euro Gewinn versteuern. Behält er die im Wert gefallenen Bitcoins allerdings bis 2015 und verkauft sie erst dann, kann er den Verlust nicht mehr in Abzug bringen. Es kann sich also lohnen am Ende des Jahres noch einmal zu verkaufen und sofort wieder zu kaufen, um hier Verluste geltend machen zu können.
Erstaunlicherweise war dies das einfachste Beispiel der besteuerbaren Fälle.
Beispiel 3: Gemischte Bitcoins
Martin kauft sich im Januar 2013 fünf Bitcoins für insgesamt 50 Euro und im Juli 2013 noch einmal fünf Bitcoins für insgesamt 400 Euro. Nun verkauft er alle auf einen Schlag im März 2014 für 4.500 Euro. So einfach, so gut: Martin versteuert die Gewinne von fünf der zehn Bitcoins: 5 x 370 Euro = 1.250 Euro zu versteuerndes Einkommen. Die anderen 2.000 Euro Gewinn kann er steuerfrei einstreichen, weil er fünf Bitcoins länger als ein Jahr besessen hat.
Beispiel 4: Der Händler
Nun wird nicht nicht jeder, der Bitcoins kauft, diese so lange halten. Bei dramatischen Kursschwankungen ist die Verlockung groß, Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu beschränken, indem man einen Teil oder alle Bitcoins verkauft, bis sich der Markt beruhigt hat und man kauft wieder nach. Das ist typische Spekulation und wird auch entsprechend besteuert. Allerdings ist der Aufwand für die Buchführung extrem hoch und wer clever ist, kann viel Geld sparen.
4a: Der Verkauf
Luise kauft sich im Juli 2012 für 50 Euro zehn Bitcoins, im Januar 2013 fünf Bitcoins für insgesamt 50 Euro und im Juli 2013 noch einmal fünf Bitcoins für insgesamt 400 Euro. Als der Preis im November die 500 Euro durchbricht, verkauft sie fünf ihrer Bitcoins für insgesamt 2.500 Euro.
Wenn Luise sich mit diesen Geschäften begnügt, dann fährt sie mit der Methode “First in, first out” (kurz FiFo) am Besten. Hierbei wird immer angenommen, dass die zuerst gekauften Bitcoins auch zuerst verkauft werden. Man verkauft also immer die “ältesten” Bitcoins. Sollte sich Luise hierfür entscheiden, kann sie die ganzen 2.500 Euro steuerfrei behalten. Sie sollte dann allerdings eine ganze Weile lang nicht mehr handeln…
4b: Zocken mit der FiFo-Falle
Denn Luise hat jetzt das Spekulationsfieber gepackt und sie will noch ein bisschen zocken, aber ihre 15 Bitcoins langfristig behalten. Als der Bitcoin nur ein paar Tage später auf 600 Euro steigt, steigt sie noch einmal ein. Sie investiert 9.000 Euro für 15 Bitcoins mit der Absicht, einen schnellen Schnitt zu machen. Als der Preis im Dezember auf 800 Euro gestiegen ist, steigt sie – cleveres Mädchen – wieder aus und freut sich über 3.000 Euro Gewinn aus diesem Spekulationsgeschäft. Aber nicht so schnell, Luise! Die FiFo-Falle schnappt zu: Sie verkauft ja immer die ältesten Bitcoins. Von den im Juli 2012 gekauften Bitcoins sind noch 5 Stück “übrig”, die sie nach der Logik des FiFo im Dezember 2013 verkauft. Mit diesen fünf Bitcoins hat sie satte 3975 Euro Gewinn gemacht. Und kann diesen sogar steuerfrei behalten. Allerdings hat sie auch die 5 Bitcoins verkauft, die sie im Januar 2013 erworben hat. Mit diesen Bitcoins hat sie auch noch respektable 3950 Euro Gewinn gemacht. Aber diesmal muss sie diesen Gewinn versteuern, denn die Bitcoins waren noch kein Jahr alt. Sie hat aber noch einmal fünf Bitcoins verkauft. Nämlich die fünf aus dem Juli 2013. Hier hat sie einen Gewinn von 3.600 Euro gemacht. Sie muss also am Ende des Jahres einen steuerbaren Gewinn von 7.550 auszuweisen.
Jetzt könnte man sagen, dass ist doch gerecht, dass sie ihren Gewinn versteuert. Aber hat Luise wirklich 7.550 Euro Gewinn gemacht? Immerhin hat sie im Dezember noch einmal 9.000 Euro investiert. Auf Luises Konto sieht die Rechnung folgendermaßen aus: – 50 – 50 – 400 + 2.500 – 9.000 + 12.000 = 5.000! Sie hat unterm Strich also “nur” einen Gewinn von 5.000 Euro gemacht. Sie muss aber 7.550 Euro “Gewinn” versteuern.
4c: Zocken mit LiFo – ein Gedankenspiel
Rechtlich wahrscheinlich schwierig anzusetzen, aber als Vergleich interessant ist die Situation von Luise bei Anwendung von LiFo (Last in First out):
Bei ihrem ersten Verkauf im November würde Luise dann nicht die Bitcoins aus dem Juli 2012 verkaufen, sondern die fünf aus dem Juli 2013. Sie macht dann zwar nur 2.100 Gewinn, muss diesen aber versteuern. Das hört sich zunächst schlecht an. Wenn Luise jetzt aber ihr Spekulationsgeschäft macht, dann verkauft sie im Dezember 2013 die Bitcoins, die sie im November 2013 gekauft hat. So wie es sich für sie auch anfühlt. Sie erzielt dabei noch einmal einen steuerbaren Gewinn von 3.000 Euro und versteuert insgesamt 5.100 Euro, was in diesem Fall fast dem Geld entspricht, dass sie auch tatsächlich nach ihren Geschäften auf dem Konto hat.
Wie gesagt wird die Anwendung von LiFo nicht zulässig sein. Und es ist auch sehr vom Fall abhängig, welche Rechnungsmethode den meisten Sinn macht. Luise kann aber einen weiteren Trick benutzen, um ihre Steuerlast zu reduzieren: Sie benutzt Depots.
4d: Zocken wie die Profis
Wenn Luise ihre Bitcoins in vier voneinander getrennten Depots verwaltet, dann kann sie kräftig sparen. Getrennte Depots sind zum Beispiel unterschiedliche Accounts bei unterschiedlichen Börsen. Luise hat also einen Account bei Bitstamp und einen Account bei Kraken.com und einen Account bei Bitcoin.de. Die Bitcoins vom Juli 2012 hat sie bei Bitcoin.de gekauft, die Bitcoins vom Januar 2013 bei Bitstamp und die Bitcoins vom Juli 2013 bei Kraken (ja ich weiß, da gab es Kraken noch nicht). Wenn sie jetzt im November 2013 fünf Bitcoins für 2.500 Euro verkauft, macht sie das über Bitcoin.de. Die Bitcoins sind über ein Jahr alt gewesen und der Gewinn von 2.475 Euro damit steuerfrei. Bevor Luise jetzt aber im November einsteigt, macht sie erst einmal ein neues Depot bei BTC-e auf (wovon ich aus Sicherheitsgründen aber abrate). Dort investiert sie die 9.000 Euro in Bitcoin und verkauft dann dort im Dezember auch wieder 15 Stück für 12.000 Euro. Weil sie die Bitcoins aus dem Depot bei BTC-e verkauft hat, braucht sie auch bloß die 3.000 Euro zu versteuern. Das ist auch der gesamte Gewinn, den sie im Jahr 2013 ausweisen muss und zahlt (bei gleichem Kontostand!) Steuern auf 3.000 Euro “Gewinn”, obwohl sie 5.000 Euro mehr Geld als am Anfang ihrer Geschäfte besitzt.
Hinweis: Diese Depotkonstruktion ist natürlich im Vorhinein sehr schwer zu planen. Trotzdem sollte man auf möglichst vielen Börsen handeln um im Nachhinein entsprechende Rechnungen anstellen zu können. Eine Trennung in ein “Buy-and-hold”-Depot für die langfristigen Investitionen und ein “Feeling-Lucky”-Depot für die Spekulationsgeschäfte sollte jeder vornehmen. Nur so kann man zumindest ein paar Bitcoins “reifen” lassen, um sie irgendwann steuerfrei zu veräußern. Wenn ihr eine Steuererklärung mit Depots abgebt, lasst diese unbedingt von einem Steuerberater absegnen. Ich übernehme keine Garantie, dass es in Eurem Fall rechtens ist.
Zusammenfassend kann man sagen, dass wie so oft “der Dumme” vom Steuersystem hart bestraft wird. Ich finde das vollkommen untragbar, dass man hier mit solchen Tricks so viel Geld sparen kann und man im ungünstigsten Fall sogar mehr Geld an Steuern zahlen kann, als man überhaupt an Gewinn insgesamt realisiert hat. Ich selbst setze mich erstmalig intensiv damit auseinander und würde mich freuen, gerade über die Depot-Konstruktion früher mehr gewusst zu haben. Ich finde man sollte ein Steuergesetz haben, wo die Steuerlast nicht von der Buchhaltung, sondern vom tatsächlichen Einkommen abhängt.